Auf der Suche nach einem alten Häuschen sind wir 1999 über eine kleine Anzeige in der Zypresse gestolpert. Als Kleinanzeigenblatt ist die Zypresse nicht unbedingt die erste Adresse bei der Suche nach „Baudenkmälern“, wir sind also wirklich darüber „gestolpert“.

 

„Liebhaberobjekt! Dieser teilrenovierte Klosteranteil in Kenzingen ist ein Schmuckstück bes. Art! Im Innenhof bezaubert dieses denkmalgesch. Anwesen mit viel Ambiente. 2 Wohneinh. m. Ges.Wfl. von ca. 280 m2 wovon ca. 200 m2 bereits renov. wurden. Ein angebauter Schopf mit weiteren 112 m2 ist noch ausbaubar.“

 

Mit entsprechenden Erwartungen sind wir dann nach Kenzingen gefahren um das Objekt zu besichtigen. Der erste Eindruck bot allerdings ein eher heruntergekommenes, leicht verwahrlostes und unübersichtliches Anwesen, dessen Eigentümer oder Bewohner eine ausgeprägte Sammelleidenschaft haben mussten.

Das Anwesen war nur über kleine Pfade begehbar und zu erkunden. Jeder Winkel war mit mehr oder weniger wertvollen Objekten vollgestapelt. Selbst die Außenbereiche und auch ein angrenzendes Nachbargrundstück waren damit bedeckt.

Die ausgelobte Renovierung entpuppte sich eher als Vergewaltigung des historischen Gemäuers.

Doch der – mit erwähntem Beiwerk behaftete und schon ziemlich verschliffene – Rohdiamant offenbarte sich dann doch recht schnell.

 

Nachdem uns klar wurde, dass wir in den Resten der ehemaligen Klosterkirche standen, sahen wir das „Objekt des Interesses“ mit anderen Augen, es entwickelte sich zum „Objekt der Begierde“

Zwischen all dem Gerümpel und den zum Teil wenig denkmalpflegerisch wirkenden Umbaumaßnahmen schimmerten dicke Bruchsteinmauern, Gewändereste aus dem 13 Jhd, Steinmetzzeichen und Fenstermaßwerkreste durch.

 

Während dieser ersten Begehung – besser gesagt Kontaktaufnahme – entdeckten wir die Gemäuer neu und sahen „unseren“ Klosteranteil mit anderen Augen.

 

Wir waren schließlich die Glücklichen und haben den Klosteranteil Wonnental erworben. Nach ca. 12 Monaten Renovierung und teilweisen Rückbau der Bausünden, was zum überwiegenden Teil in Eigenleistung und als Vollzeitbeschäftigung gemacht wurde, hatten wir zumindest 1 1/2 Etagen wohnlich hergerichtet und konnten an Heiligabend 2000 einziehen.

 

Damit ist schon angesprochen, was es bedeuten kann, in einem solchen Baudenkmal zu wohnen: Man wird eigentlich nie wirklich fertig. Da wir in einem ehemaligen Kirchenschiff wohnen, also einem enorm hohen Gebäude, haben wir 5 ½ Etagen zur Verfügung. Mittlerweile – Sommer 2006 – haben wir 2 ½ davon wohnbereit gemacht.

Da wir das große Glück haben, auch ein Ökonomie-Nebengebäude zu haben, in welches man die „Baustelle“ einlagern kann, hat man nur an bestimmten Orten im Haus den Eindruck, auf einer Dauerbaustelle zu leben. Mehr als aufgewogen wird dies allerdings durch ein schlicht einmaliges Wohnambiente in einem Haus mit Charakter.

 

Es gibt vermutlich nicht einen einzigen rechten Winkel im ganzen Haus, keiner der Böden hat die gleiche Höhe, kein Raum hat die gleiche Höhe. Die Wandflächen sind nicht langweilig platt und topfeben, sie sind rau und haben eine Struktur, die man fast schon topographisch kartieren könnte. Die Fußböden (unter vielen Schichten von Spanlatten und PVC-Belägen gefunden) sind teilweise Jahrhunderte alt. Sie knarren beruhigend und besitzen eine unglaublich warme Farbe. Die Balken in den Wänden und im Dachstuhl knarren und ächzen am Morgen, wenn die Sonne das Holz aufwärmt und am Abend, wenn die Wärme wieder abgegeben wird.

Die 1m dicken Bruchsteinmauern sind die beste Klimaanlage, die man sich wünschen kann. Im Untergeschoss herrscht auch im heißesten Sommer eine angenehme Kühle. Besonders in den Übergangsjahreszeiten ist unser Haus eine Art Klimaverzögerungskammer. Das Klima im Haus ist dem der Außenwelt immer ca. 1 Woche hinterher: So ist es im Augenblick im Treppenhaus (ehemaliges Kirchenseitenschiff) wärmer als draußen, wo vor ein paar Tagen Regen einsetzte, es deutlich abkühlte und damit der Hitzwelle ein Ende gesetzt wurde.

Die Zugangstüren zu den Wohnebenen sind die ehemaligen Kirchenfenster, ebenso sind die Außenfenster teilweise in die alten Kirchenfenster integriert.

 

Wie jedes richtige Kloster besaß auch das Kloster Wonnental einen Innenhof, der von einem Kreuzgang umsäumt wurde. Von diesem ist zwar leider nicht mehr viel übrig, er ist aber noch erkennbar. In unserem Anteil war der Kreuzgang gleichzeitig auch das Seitenschiff der Kirche. Heute ist dies unser Treppenhaus und auch der Zugang zum Garten.

 

Der Garten: Auch dieser präsentierte sich bei unserem Einzug in einem traurigen Zustand. Was uns ins Auge fiel , waren eine nur mit Spanplatten abgedeckte ehemalige Klärgrube, eine rostige Teppichausklopfstange, Unkraut und Erdhaufen.

Beim Anlegen unseres neuen Gartens förderten wir dann aber nicht nur Kronenkorken, Glas und Flaschenscherben zu Tage, sondern auch Keramikscherben aus dem 17. Jhd. Mittlerweile ist unser Klostergarten ein kleines Paradies geworden. Kiwipflanzen wuchern, ein Feigenbaum trägt erste Früchte, eine alte Weide schützt das Haus vor der Sonne und spendet wie ein riesiger Baldachin Schatten. Gleichzeitig trägt sie unseren Baum-Baummel-Sessel.

Es gibt keinen schöneren Ort für unvergessliche Sommerabende und Sommerfeste mit guten Freunden. Außerdem ist unser Garten ist auch unser Ort der Ruhe und Entspannung.

 

Wir haben eine Art Beziehung zu unserer Klosterkirche, die man am besten mit der Beziehung Mensch/Erde vergleichen kann:

Dieses Gemäuer ist zum Teil über 800 Jahre alt. Unzählige Kriege, Hungersnöte, Zerstörungen, und Naturkatastrophen hat dieses Haus erlebt. „Wenn die Steine erzählen könnten.....“

Es gibt durchaus Grund zur Annahme, dass die Gründer und Herren der Stadt Kenzingen – die Herren von Üsenberg – irgendwo unter unserem Erdgeschoss begraben liegen. Sie sind Mitte des 15 Jhd. Ausgestorben, also vor 550 Jahren.

Vor dem Hintergrund der unendlich vielen Schicksale, der guten und der schlechten Zeiten, die diese Kirche überstanden hat, sind wir, die wir nun 7 Jahre hier wohnen, doch nur ein weiterer kleiner Teil in dessen Geschichte - wie eben auch die Menschheit in der Geschichte der Erde nur eine winzige Episode darstellt.

 

Zum Abschluss dieser kurzen und nicht annähernd vollständigen Beschreibung unseres Wohngefühls, hier unsere Leitlinie beim Umgang mit unserer Klosterkirche:

Bei allen baulichen Maßnahmen versuchen wir dem Haus seinen ursprünglichen Charakter zu lassen und falls möglich wiederherzustellen.

 

Dies sei auch allen ans Herz gelegt, die sich ein solches Denkmal zugelegt haben oder zulegen wollen.